Die Politiker*innen müssen handeln, jetzt!
Mit diesem offenen Brief richten wir uns NICHT an die führenden politischen Vertreter*innen Deutschlands. Wir richten uns an die Gesellschaften, an die Bürger*innen, an unsere Mitmenschen und rufen sie dazu auf, sich den Protesten des AugustRiseUp anzuschließen.
Mit diesem offenen Brief erklären Personen des öffentlichen Lebens, aus der Wissenschaft und aus allen weiteren Teilen der Gesellschaft ihre Unterstützung für das August RiseUp ab dem 16. August in Berlin.
– read the 🇬🇧 English version –
An die Gesellschaft, an die Bürger*innen,
Wir, die Unterzeichnenden, rufen dazu auf, sich an den Protesten des August-RiseUp zu beteiligen. Die politischen Entscheider*innen müssen umgehend und zielgerichtet Maßnahmen gegen die sich verschärfende ökologische Krise ergreifen.
Über 50 °C in Nordamerika. [1] Fast 40 °C in der Arktis. [2] Ein Tornado in Tschechien, der Autos wie Federn durch die Luft schleudert. [3] Der Globale Norden ist längst im Griff der Klimaerhitzung. Mitte Juli diesen Jahres wurde der Westen Deutschlands von einer nie dagewesenen Flutkatastrophe heimgesucht. Dieses Extremwetterereignis mit rund 180 Todesopfern hat die Klimakrise einmal mehr ganz nah zu uns gebracht. Die Zusammenhänge zwischen zunehmender Schwere und der Häufigkeit von Wetterextremen, bedingt durch die menschengemachte Klimaerhitzung, sind wissenschaftlich unbestritten. [4] Des Weiteren hat die Bundesregierung kürzlich einen Wasserverteilungsplan verfasst. Ein deutliches Indiz dafür, dass wir zukünftig mit Trinkwassermangel in deutschen Regionen rechnen müssen. Die Wälder in Deutschland sind immer noch von einem Massensterben betroffen und der Klimanostand für den Wald hat nach wie vor Bestand.
Auch die Coronapandemie, für deren Entstehen, laut Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung, die Erderhitzung womöglich eine wichtige Rolle spielt, [5] hat Deutschland noch immer fest im Griff. Die Wahrscheinlichkeit, dass weitere Pandemien ausbrechen, sind sehr hoch und die Schäden für Gesellschaft und Wirtschaft sind dabei unermesslich. Dies zeigen uns die gerade erlebten und noch längst nicht überwundenen Folgen und Auswirkungen der Coronapandemie.
Jedes zehntel Grad Erhitzung führt zu weiteren irreversiblen Folgen. Jüngst warnte ein Berichtsentwurf des Weltklimarates der Vereinten Nationen zum wiederholten Male vor diesen Folgen. Allein bei einer Erhitzung der Klimas von 1,5°C, gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter, werden bis zu 350 Millionen Menschen von Trinkwassermangel betroffen sein. [6] Bei einer Erhitzung auf 2°C, werden bis zu einer halben Milliarde Menschen bis 2050 unter extremer Hitze leiden. [7] Viele Millionen werden Hunger leiden, ihre Heimat und ihre Lebensgrundlagen verlieren, viele Menschen werden sterben, viele Menschen sterben bereits täglich. Auch Extremwetterereignisse mit unkalkulierbaren Schäden wie jetzt in Deutschland werden sich häufen und zu weiterem Leid und Todesopfern führen.
Zu viele Politiker*innen haben den Ernst der Lage noch immer nicht verstanden. Die Staaten der Welt haben sich beim Pariser Klimaabkommen dazu verpflichtet, mit entsprechenden Klimaschutzmaßnahmen die Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen. Sie handeln aber nicht danach. Eher im Gegenteil. Nach jetzigem Stand steuern wir auf eine Erwärmung von mindestens 3 Grad zu. [8] Das 1,5-Grad-Ziel wäre mit allergrößten Anstrengungen, etwa in Deutschland mit einem CO2-Ausstoß bei netto null bis 2025, auch nur noch mit einer Wahrscheinlichkeit von 66 Prozent zu erreichen. [9] Schon dieser Wert bedeutet aber dramatische Veränderungen für Klima, Artenvielfalt und Gesundheit der Menschen. Bei 3 Grad Erhitzung drohen uns Hungersnöte, Trinkwassermangel, Pandemien und Verteilungskriege, die zum Zusammenbruch unserer Demokratien führen können.
Wir befinden uns inmitten des sechsten globalen Massensterbens – täglich sterben etwa 150 Arten aus. [10] In Deutschland haben wir in diesem Jahr unseren Anteil der natürlichen Ressourcen, die die Erde innerhalb eines Jahres erneuern kann, schon am 5. Mai diesen Jahres verbraucht.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerG) hat im Frühjahr dieses Jahres entschieden: Die ausbleibenden Maßnahmen gegen die Folgen von Klimaerhitzung und Ökosystemzerstörung sind ein Verstoß gegen Artikel 20a unseres Grundgesetzes. Dort heißt es: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“ Damit hat das BVerG noch einmal unterstrichen, dass die Regierung dazu verpflichtet ist die Lebensgrundlagen und die Freiheit nicht nur der jetzt lebenden sondern auch zukünftiger Generationen zu schützen. [11]
Die oberste Repräsentant:innen unseres Landes machen sich schuldig, indem Sie dieses Vorsorgeprinzip im Rahmen Ihrer Politik ignorieren. Anstatt anzuerkennen, dass grenzenloses Wirtschaftswachstum auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen nicht möglich ist, subventionieren sie weiterhin klimaschädliche Wirtschaftszweige statt nachhaltiger Alternativen und planen Handelsabkommen wie jenes mit den Mercosur-Staaten, das zur kriminellen Zerstörung des Amazonas in Brasilien beitragen würde. [12]
Da sie ihrer Verantwortung, uns Bürger*innen vor Schaden zu schützen und die Zukunft für kommende Generationen zu sichern, nicht nachkommen, ist es die moralische Pflicht der Bürger*innen dieses Landes, auf ihre Untätigkeit und offenkundige Pflichtverletzung zu reagieren.
So erkennen wir die lange Tradition des zivilgesellschaftlichen Aufbegehrens, gegen die Untätigkeit politischer Vertreter:innen an und erachten dies als notwendiges Mittel auf die Gefährdung unserer Lebensgrundlagen, insbesondere derer, die ohnehin von Benachteiligung und Diskriminierung in dieser Gesellschaft betroffen sind, aufmerksam zu machen.
Deshalb erklären wir unsere Unterstützung für die Beteiligten der friedlichen Proteste während des „August RiseUp“, das am 16. August 2021 in Berlin beginnt.
Wir möchten Sie bitten, diesen offenen Brief zu unterschreiben und dem Anliegen so mehr Gewicht und Sichtbarkeit zu verleihen. Jede Stimme zählt!
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